TIN PAN ALLEY PARADE
In den großen Städten der goldenen Zwanzigerjahre, besonders in New York, brach das musikalische Leben zu seiner vollen Blüte auf. Hunderte und tausende Komponisten und Musiker komponierten tagein tagaus neue Melodien, Songs und Werke, die die amerikanische und schlussendlich auch die europäische Musikindustrie nachhaltig prägten.
Tin Pan Alley ist nach der Gegend benannt, in der diese neuen Songs zum ersten Mal auf Klavier gespielt wurden. Diese oft ungestimmten Instrumente klangen wie aneinanderschlagende Blechpfannen – auf Englisch tin pans. Tin Pan Alley wurde zur Wiege der modernen Musik, wo sich gegenseitig befruchtende geniale Geister durch den regen musikalischen Austausch immens bereichern konnten: osteuropäische und jüdische Musik vermischten sich mit italienischer Musik und Jazz, Gypsy-Musik vom Balkan traf auf liebliche englische Liebeslieder. Ein noch nie dagewesenes Phänomen begann sich zu verbreiten und führte letztendlich zur Musik von heute. Die Musik und der Tanz der 1920er spiegelte den Überschwang und die Vitalität der urbanen Welt wider. Insbesondere der unkonventionelle, unbekümmerte und freie Tanz reflektierte die Freigeistigkeit jener Zeit. Die Einflüsse der afro-amerikanischen Kultur führten zu den verschiedensten Variationen im Ragtime-Tanz, Shimmy, Charleston, Black Bottom und in den sogenannten Animal Dances (z.B. dem Grizzly Bear-Tanz, dem Turkey Trot, etc.). Die Tänze wurden in den Vaudeville-Shows und Musicals gezeigt, man denke dabei an Josephine Baker, die wagemutige neue Tänze einführte, aber auch an Isadora Duncan und Ruth Saint Dennis. Insbesondere Saint Dennis war eine Vorreiterin des modernen Tanzes, die mit ihren experimentellen und expressionistischen Techniken eine zentrale Figur der damaligen Szene darstellte. Diese Techniken wurden später in der glorreichen Zeit des American Social Dance in den amerikanischen Dancehalls weiterentwickelt (lindy hop, swing). Kurzum, es handelte sich damals um eine Wiederauferstehung nach dem Ersten Weltkrieg. Jene Zeit bot nicht nur fruchtbare Erde, die neue innovative Dinge entstehen ließ, sondern auch fruchtbare Erde, auf der ein großzügiger künstlerischer Austausch durch Reaktion und Gegenreaktion von verschiedenen Einflüssen stattfinden konnte. Das multikulturelle Stadtleben wurde in Kunst übersetzt. Mit dieser Performance wollen Música Extrema und das Internationale Tanztheater den Draufgängern, den Innovatoren, den Wahnsinnigen, den Suchern, den Weltveränderern, dem Wunder und den Kuriositäten Tribut zollen. Tin Pan Alley ist die zweite Koproduktion von Música Extrema und dem Internationalen Tanztheater. |
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